Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist 20 Jahre. Gratulation!

Seit dem 25.2.2020 ist das EEG nun 20 Jahre alt und hat unsere Energiewirtschaft von Grund auf verändert. Tausende neue Firmen sind entstanden, welche Anlagen zur erneuerbarer Stromgewinnung bauen, planen, betreiben und instandhalten – und Millionen Menschen haben sich an Stromerzeugungsanlagen beteiligt. Die alte Energiewirtschaft, die anfangs noch glaubte, mehr als 4% „Ökostrom“ sei sowieso nicht drin, hat grösstenteils tatenlos zusehen müssen und ist seitdem auf dem Rückzug, ihre verbliebenen Stellungen heftig verteidigend – siehe Kohleausstieg, wo für die wenigen verbliebenen Arbeitsplätze 200.000 Euro pro Job herausgehandelt wurden.

Während dessen sind Wind- und Solarstrom ungeahnt preiswert geworden und erreichen inzwischen einen Preis von 5 ct/kWh. Immer mehr Menschen versorgen sich daher selbst mit erneuerbarem Strom.

Leider hält das viele nicht davon ab, von immer noch teuerer Energiewende zu reden, so wie die FAZ vom 31.3.2020 einige Ökonomen zitiert. Tatsächlich ist das, was dort wiedergegeben wird blamabel – diese Ökonomen scheinen ihr Wissen nur aus der Zeitung zu haben. Die EEG-Umlage hat nämlich rein garnichts mit „Mehrkosten“ zu tun, wie hier unter 4. nachzulesen. Die Behauptung, es hätte kostengünstigere Alternativen als das EEG gegeben ist Unfug und wurde auch nie bewiesen. Sicher ist die teuere Bioenergie im EEG überflüssig und auch Offshore ist wegen der Kosten höchst fragwürdig – aber das sind politische Entscheidungen, die man dem EEG an sich nicht anlasten kann. Ohne diese Technologien wäre unser Strom sicher billiger, allerdings gibt es noch grössere Strompreistreiber.

Auf der immer wieder gern zitierte Reinhard Hüttl wird nicht müde die Kosten zu erwähnen, statt der Vorteile und sagt „Trotz der erheblichen installierten Leistung an Erneuerbaren wären wir in Deutschland bis auf weiteres nicht in der Lage, für Minuten und Stunden, geschweige denn Tage die konventionellen Kraftwerke vollständig abzuschalten“. Das Satz suggeriert: ohne Kohle geht es nicht. Aber er ist genauso dumm wie der Satz „Ohne Pferde wird die Volkswirtschaft zusammenbrechen“ im Jahr 1850 war. Mit dem Blick zurück kann man nicht nach vorne sehen. Wie ein vollständig erneuerbares System funktioniert ist hier oder auch hier skizziert.

Auch Professor Hüttl ist dem Irrglauben verfallen, unser Land müsste dauerhaft 70% seines Energiebedarfes importieren. Nein, mit Sicherheit nicht. Wenn wir nämlich eine 100%-erneuerbare Stromversorgung aufbauen, und genau das tun wir, dann entsteht automatisch ein riesiges Überangebot an erneuerbaren Strom, welcher in Wasserstoff- und Wärmespeicher eingespeichert werden wird und dann für Verkehr, Industrie und Heizen zur Verfügung steht. Wer also massiv Wasserstoff importieren will, der will gleichzeitig bis zur Hälfte der erneuerbaren Stromproduktion abregeln – oder hat diesen Zusammenhang schlicht nicht verstanden.

Das EEG ist übrigens auch viel besser als der lahmende Emissionshandel – denn es ist ein klares Gesetz mit klaren Zielen, welches den neuen Akteuren Handlungsspielraum gibt. Der Emissionshandel leidet von Anfang an darunter, dass die Lobbyisten der alten Energiewirtschaft unter der Flagge der Ökonomie den CO2-Preis nahe Null hielten. Ohne EEG hätte der Ausbau der erneuerbaren Stromgewinnung niemals die erforderliche Kraft und Geschwindigkeit erreicht.

Und warum sehen wir dann heute einen Rückgang beim Zubau, wo doch alle wissen, dass eine Beschleunigung not tut? Es liegt weder an Bürgerprotesten noch am Netzausbau. Nein, die 2016 ins EEG eingeführten Ausschreibungen haben dazu geführt, dass sich nur noch wenige finanzstarke Unternehmen zutrauten weiterhin Millionenbeträge in neue Planungen zu investieren. Viele haben sich vom Markt zurückgezogen, weil sie keine Sicherheit mehr spüren, dass jahrelange Arbeit und hohe Geldausgaben sich jemals lohnen. In wessen Interesse war wohl diese Änderung im EEG?

Alles in allem: Große Gratulation! Und der alte, wenngleich nicht besonders kluge Satz „Viel Feind – viel Ehr!“ möge ausnahmsweise hier mal gelten.

Zum Referentenentwurf des Kohleausstiegsgesetzes: kein Licht am Ende des Tunnels

Der Gesetzentwurf zeigt zwar in die richtige Richtung, ist aber insgesamt mutlos, vermeidet wichtige grundlegende rechtliche Änderungen und versucht viele sich daraus ergebende Probleme mit teueren Geldgeschenken zu umgehen.

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Für die Erreichung der Klimaschutz-Ziele ist mindesten folgendes erfordertlich:

1. Der derzeitige CO2-Preis von 10 Euro pro Tonne viel zu gering. Eine wirksame Lenkungsfunktion ist nicht gegeben. Es fehlt ein klarer Fahrplan bis 2030 mit einer Erhöhung auf 200 €/Tonne CO2.

2. Sektorkopplung jetzt: Das EEG muss sofort für die Sektorkopplung* angepaßt werden:

– Power-to-Gas direkt an Windkraft- und PV-Anlage muss abgaben- und umlagefrei möglich sein

– Power-to-Heat (Windspeicherheizungen) direkt an Windkraftanlagen zur Nutzung abgeregelter Energiemengen muss wirtschaftlich machbar zugelassen werden

– Die Gasnetze müssen für grosse Wasserstoffmengen geöffnet werden.

siehe auch https://enertrag.org/delta/was-ist-erforderlich-fuer-ptg/

3. 1.000 Metern pauschaler Abstand für Windkraft ist kontraproduktiv weil stark flächenreduzierend: . Die Abstände können heute bereits durch Einhaltung der Schallanforderungen und landschaftliche Besonderheiten gut geregelt werden. Es gibt Situationen, wo 600 Meter Abstand ausreichen, z.B. bei Vorhandensein von Wald oder Abschirmung durch Industriegebäude – und ebenso können manchmal 1000 Meter nicht ausreichen, weil z.B. Schallvorbelastungen vorhanden sind. Besser wären auch laut Umwelbbundesamt standortspezifische Planungen. Denn „bereits bei einem Mindestabstand von 1.000 Metern zu benachbarten Wohngebieten würde sich das gesamte Leistungspotenzial von derzeit noch 80 Gigawatt auf 40 bis 60 Gigawatt reduzieren“ (Umweltbundesamt 2018: https://www.umweltbundesamt.de/themen/mindestabstaende-bei-windenergieanlagen-schaden-der)

4. Zu strikte Abstandsregelungen verringern Repowering Potential: In Brandenburg sind derzeit 7 GW Windenergie an Land installiert. Diese bestehenden Windenergieanlagen fallen nach 20 Jahren sukzessive (ab 2020) aus der EEG-Förderung heraus. Danach entscheidet der Anlagenbetreiber, ob Weiterbetrieb, Repowering, oder ein Abbau der Anlagen erfolgen soll. Bei zu strikten Abstandsregelungen verringert sich die installierte Leistung deshalb im Bestand. Gleichzeitig ist es sinnvoll an bisherigen Standorten wieder leistungsstarke Anlagen zu bauchen, die (Siehe Umweltbundesamt: https://www.umweltbundesamt.de/themen/geplante-abstandsregeln-fuer-windraeder-gefaehrden)

5. Ein Paradigmenwechsel bei der Bereitstellung der Flächenkulisse für Windkraft ist gefragt: In Deutschland sind wir von der Erreichung der 2% Nutzung der Flächen für die Erneuerbaren Energien Erzeugung weit entfernt. Deutschland braucht mehr rechtssichere Flächenausweisungen ohne pauschale Vorgaben mit maximaler Planungsfreiheit pro Windkraft vor Ort, damit die Gemeinde in ihrer Planung für optimale Windenergienutzung nicht behindert werden. Statt Eignungsflächen auszuweisen, sollten Ausschlussflächen definiert werden – dann wären nicht 2% der Flächen für die Planung verfügbar, sondern ein Vielfaches davon. Das würde die Freiheitsgrade der Gemeinden deutlich erhöhen und den ruinösen Preiswettbewerb um knappe Flächen beenden, welcher nur zu Lasten der Stromkunden geht.

6. Ein Ausbaupfad für Windkraft an Land von 5-6 GW ist das Minimum, ohne den die Klimaziele nicht erreichbar sind.

7. Grüner Wasserstoff muss überwiegend aus dem Inland kommen, sonst regeln wir eines Tages 30-40% der erneuerbaren Energie ab und verteuern sinnlos das ganze Energiesystem durch steigende Redispatch- und Einspeisemanagement-Kosten.

 

Weiterhin sind folgende vorgesehene Reglungen ersatzlos zu streichen:

8. Es darf keine staatlichen Zuschüsse für Netzbetreiber zwecks Verringerung der Netzentgelte geben, weil sie die Bürger nicht entlasten, sondern nur Netzentgelte durch Steuern ersetzen, die beides die Bürger zahlen.

Siehe dazu Artikel 3 zur Änderung des EnWG § 24 a Absatz 2, wo vorgeschlagen wird „Mit Wirkung ab dem Jahr 2023 ist ein Zuschuss, den der Bund für ein Kalenderjahr zu den Kosten der Übertragungsnetzbetreiber mit Regelverantwortung zahlt, für das jeweilige Kalenderjahr mindernd in die Ermittlung der bundeseinheitlichen Übertragungsnetzentgelte einzubeziehen…“.

Die Kosten der Übertragungsnetze müssen transparent sein und an die Stromverbraucher weitergegeben werden. Zuschüsse verzerren die Kosten und führen zu Fehlanreizen und überflüssigem Netzausbau. Die Verringerung der Netzentgelte muss vielmehr durch eine optimale Kombination mit erzeugernahen Power-to-Gas- und Power-to-Heat-Anlagen erfolgen, wodurch sich die Ausnutzung der Übertragungsnetze erhöht und die Kosten pro Kilowattstunde sinken.

9. Ein Netzausbauzuschuss (Artikel 3 zur Änderung des EnWG §17 Absatz 4) von Stromerzeugern ist unzulässig und ersatzlos zu streichen. Es handelt sich hier um den Versuch die Netzbetriebsaufgaben zu externalisieren, bei gleichzeitiger Beibehaltung der Monopolstruktur. Die regulierten Netzbetreiber sind verantwortlich, die Investitionen in die Netzinfrastruktur zu gewährleisten, zumal die Netze dann auch in ihr Eigentum übergehen. Die Entflechtung ist beizubehalten und nicht per Rechtsordnung aufzuweichen, wodurch finanzielle Quersubventionen von Erzeugern die Marktrollen verzerren.

Der Referentenentwurf sieht in (§17 Absatz 4) vor, „durch Rechtsverordnung zu regeln, unter welchen Voraussetzungen Anschlussnehmer bei der Herstellung des Netzanschlusses einer Stromerzeugungsanlage oder einer wesentlichen Erhöhung der Anschlussleistung einer solchen Anlage einen netzkostenorientierten Netzausbauzuschuss zu zahlen haben“. (§ 17 Absatz 4 als neues Instrument, Verordnungsermächtigung ist ersatzlos zu streichen).

Zur Kohle:

Das Wichtigste voran: Die aufgrund des deutschen Kohleausstieges freiwerdenden CO2-Zertifikate des ETS dürfen nicht auf den europäischen Markt gelangen – denn sonst wären alle deutschen Anstrengungen umsonst. Die Bundesregierung muss diese Zertifikate statt dessen aufkaufen und vernichten – die damit verbundenen Kosten müssen vom Auktionserlöse der Kohlekraftwerksbetreiber abgezogen werden.

Der Zielkorridor sieht ein nahezu symmetrisches Abschmelzen der Braun- und Steinkohlekapazität (Steinkohle etwas schneller weg) vor. Das ist aus Klima- und Flexibilitätsgesichtspunkten unsinnig. Es sollten prioritär Anlagen raus, die CO2-intensiv und inflexibel sind.

Im schlimmsten Fall ist ein Ausschreibungssystem ein Mechanismus, um den Betreibern noch einmal so richtig die Anlagen zu vergolden. Um dies zu verhindern ist eine niedrige Maximalgebotshöhe erforderlich, die über ein unabhängiges Gutachten den Restwert der Anlagen schätzt. Abgeschriebene Anlagen sollten kein Geld bekommen (§19).

§25 erlaubt die Übernahme in eine Reserve. Das macht Sinn, sollte aber nicht zu Doppelvergütung führen. Hier herrscht Regelungsbedarf.

§31 macht sehr viele Hintertüren auf – hier muss darauf bestanden werden, dass Alternativmaßnahmen für Versorgungssicherheit rechtzeitig ergriffen werden, um den Ausstieg möglich zu machen.

§32 weist auf ein Grundlegendes Problem mit dem Ausschreibungsverfahren hin: was passiert denn, wenn keiner Lust hat ein Angebot zu machen? Die Lösung kann dann nur Abschaltung per Gesetz in der Reihenfolge der grössten Emissionen (pro kWh) sein.

 

Anmerkung

*Sektorkopplung vor allem über erzeugungsnah gewonnenen Wasserstoff ist von grundlegender Bedeutung für die Energiewende. Deutschland braucht ca. 250 GW Windkraft und ca. 400 GW PV. Die Erzeugung wird damit zwischen null und ca. 300 GW schwanken – und sie wird zur Hälfte der Zeit über dem Strombedarf liegen, egal wie viel Autos elektrisch fahren.

Wir können nun die Energiemenge, der kein zeitgleicher Strombedarf gegenübersteht, in Wasserstoff wandeln oder abregeln.

Wenn wir in Wasserstoff umwandeln, haben wir genug Energie für die LKW, Busse und nicht elektrifiziert Eisenbahnstrecken. Die Effizienz spielt dabei keine Rolle, denn es handelt sich um Energie die nicht anders genutzt werden kann. Würden wir sie nicht nutzen und alles elektrisch machen, dann bräuchten wir 30-40 % mehr Windkraft und PV Und wir bräuchten eine fossile Lösung für dunkle windarme Zeit. Beides ist nicht sinnvoll.

Industrie und Gewerkschaften an Regierung: Windkraft Mindestabstände dürfen nicht kommen

Industrie und Gewerkschaften fordern deutlich mehr Mut beim Klimapaket:

„Es ist uns unerklärlich, dass an einer Regelung zu bundeseinheitlichen Mindestabständen festgehalten wird, obwohl klar ist, dass damit das Ziel von 65 Prozent Erneuerbare Energien in 2030 nicht gehalten werden kann.“

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Und das schreibt bestimmt nicht die so oft beschworene Windkraftlobby, die es nämlich in Wirklichkeit garnicht gibt…

17 Jahre Planung: Windfeld Lacaune

Nach 17 Jahren Planungszeit gehen heute die letzten Anlagen im Windfeld Lacaune in Südfrankreich ans Netz. Die Planung begann hier 2002. Die Baugenehmigung erging 2009. Verschiedene Einsprüche gegen das Projekt kosteten alle Beteiligten am Ende zehn Jahre. Auch in Frankreich muss die Planungszeit für Windenergie deutlich verkürzt werden, um die Energiewendeziele zu schaffen.

Dieses Video zeigt den Aufbau der Anlagen. Die 11 Enercon E70 auf 90-m-Türmen erzeugen hier bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von fast 10 Metern pro Sekunde jährlich gute 80 Millionen Kilowattstunden. Hier ein Video bei voller Leistung in den Wolken:

Das Klimakabinett hat versagt

Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030

Unser Haus brennt. Aber statt zu löschen, versucht die Bundesregierung mit diesem Papier nur das Geld und den Schmuck aus dem Haus zu retten. Aber wohin wollen wir mit all den Wertsachen, wenn es kein Deutschland, keine bewohnbare Erde mehr gibt?

Hier die kommentierte Fassung der Beschlüsse des Klimakabinetts. Darin ist alles Selbstverständliche oder bereits beschlossene blau markier, das Vernüftige oder Richtige grün markiert, alles was wenig hilft ist gelb markiert und alles was gefährlich ist, ist rot markiert. Auch der BDEW spricht von einem insgesamt enttäuschenden Papier und schreibt in seiner Bewertung „Insbesondere bei der CO2-Bepreisung und der notwendigen Strompreis-Entlastung ist die Bundesregierung viel zu zögerlich.“ und weiter „Ein Fokus muss auch auf dem Abbau von Hemmnissen bei der Windenergie an Land liegen.“ Und hier noch die Bewertung des BWE zum Klimakabinett.

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Insgesamt zeigt das Papier die Mutlosigkeit der Regierenden.

Statt die Bevölkungung für das Jahrhundertprojekt Energiewende zu begeistern, statt darauf hinzuweisen, das Erneuerbare Energie Arbeit schafft und günstige Energie liefert wird das Ganze nur als „Kraftanstrengung“ bezeichnet – als wäre die Energiewende ein Krieg, in dem es nur Leiden gibt. Im Gegenteil! Die Energiewende ist das einzige Projekt, was die Kriege noch verhindern kann, welche der Klimawandel mit sich bringt.

Der Ansatz der Bundesregierung, mit möglichst kleinen Schritten vorzugehen, den Ausstoß von CO2 eben gerade nicht massiv zu verteuern und statt dessen die Emittenten auch noch massiv zu fördern, damit sie langsam mal umstellen, ist grundverkehrt. Die Energiewende braucht neue Akteuere, braucht Rahmenbedingungen, die es Bürgern und mittelständischen Firmen endlich erlauben, überall in ihrem Schaffen günstige erneuerbare Energie einzusetzen. Aber genau das bleibt verboten und unwirtschaftlich: Fossile Energie bleibt zu billig, die Eigennutzung von erneuerbarem Strom für die Sektorkopplung bleibt unmöglich, Mieterstrom bleibt ein Graus, Nutzen statt Abregeln bleibt verboten, billige private Stromnetze werden nicht zugelassen…

Da bleibt nur die Hoffnung auf die nächsten Freitage.

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Übrigens zeigt sich das Politikversagen auch bei der Pendlerpauschale. Die angekündigte Entlastung gilt zwar theoretisch auch für Bahnfahrer – aber ca. 80% aller Fernpendler fahren Auto und sparen so ca. 15 Euro jährlich pro 10 km Strecke, die sie mehr als 20 km zur Arbeit fahren. Hier die genaue Berechnung in Abhängigkeit von Kraftstoffverbrauch und Steuersatz. Um die Mehrbelastung des lächerlichen CO2-Preises von 10 Euro pro Tonne (1 ct pro kg CO2!) auszugleichen, wäre eine Erhöhung der Pendlerpauschale um 1 ct/km statt 5 ct/km ausreichend. Autofahren sollen also fünfmal mehr entlastet werden, als nötig.

 

Nach dem Windgipfel

Ob man sich des Windgipfels von 2019 später erinnern wird hängt davon ab, ob den klaren Bekenntnissen zu 65% bis 2030 nun endlich zu Lande Taten folgen. Das Abarbeiten der 10-Punkte-Liste der Verbände reicht bei weitem nicht. Für die nötigen 6-7 Gigawatt jährlichen Zubau ist viel mehr erforderlich. Mindestens:

– Freie Fahrt für Sektorkopplung

– Eine grundlegende Reform der Steuern und Abgaben auf Energie, die alle Energieträger gleichermaßen pro CO2 belastet

– Und die Nutzbarmachung des Erdgassystems für Wasserstoff.

Das ist viel Arbeit für drei Wochen. Jetzt kommt alles auf einmal. Der Ruf nach Akzeptanz verlangt klares Handeln für Windkraft, die den Bürgern nutzt: die Arbeit auf dem Lande schafft und Energie dort billig macht. Wer mit Windkraft günstig heizt, sein Auto günstig lädt und eine gut bezahlte Arbeit in der Windkraft hat – der ist auch 100% dafür und wird auch seinen Bäcker, seinen Kneiper und alle anderen, bei denen er einkauft davon überzeugen. Sektorkopplung ist nicht einfach nur ein technisch Ding – nein, sie ermöglicht die Akzeptanz der Windenergie, weil sie Wertschöpfung und Arbeit im ländlichem Raum ist.

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Black out per Gesetz

Der Black out, zu deutsch Totaler Spannungsausfall (TSA), ist das Schlimmste, was in einem elektrischen Netz passieren kann. Die Wiederaufbau der Versorgung kann Stunden bis Tage dauern, so dass ein TSA hohen Schaden anrichtet und vielen Menschen und Nutztieren das Leben kostet – denn unsere Gesellschaft ist regelrecht abhängig von einer ständigen Stromversorgung, wie es Marc Elsberg perfekt beschrieb.

Von Anbeginn des Elektrizitätszeitalters fühlten sich die Stromerzeuger auch dafür verantwortlich, dass das gesamte elektrische System jederzeit stabil ist. Sie hielten daher selbstverständlich für Notfälle Reserven bereit und nahmen damit teil an der Absicherung des elektrischen Systems. Die Lastverteiler selbst, also die Steuerzentralen der Übertragungsnetze hatten eine koordinierende Aufgabe, sie konnten die Reserven der Erzeuger abrufen oder im allerletzten Fall Abschaltungen von Verbrauchern durchführen.

Das alles hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert.

Es gibt auch heute eine Verantwortlichkeit für die Systemverantwortung – aber diese liegt inzwischen ausschließlich bei den Übertragungsnetzbetreibern, welche für die Höchstspannungsnetze (Überlandleitungen) zuständig sind. Sie sind dabei nur dafür zuständig, dass Erzeugung und Verbrauch immer im Gleichgewicht liegen. Um dies sicherzustellen, können sie aber nicht mehr auf direkte langfristige strategische Abstimmungen mit den Erzeugern stützen. Nein, sie können ihre Aufgabe nur über einen funktionierenden Markt sicherstellen.

Es gibt also es keine personalisierte Verantwortung für Versorgungssicherheit bei den Stromerzeugern mehr, sondern die Versorgungssicherheit stützt sich allein auf das Funktionieren des Marktes. Damit aber fallen Versorgungssicherheit und Systemstabilität letztlich auf den Gesetzgeber, die Ministerien und die Regulatoren (Bundesnetzagentur) zurück, welche die Marktregeln aufstellen.

Man könnte auch sagen, man hat den Bock zum Gärtner gemacht – denn wie soll denn die Politik wirklich Verantwortung für die Stabilität eines hochgradig vernetzten Systems mit dank Energiewende immer mehr Marktteilnehmern übernehmen?

Das aber bedeutet, dass fehlerhafte wirtschaftliche Anreize, welche der Gesetzgeber, Ministerien oder Regulatoren schaffen, sich entscheidend auf die Netzstabilität auswirken. So können zum Beispiel aus Unkenntnis Regeln aufgestellt werden, bei denen Stromhändler weniger Regelenergie zum Ausgleich von Lastschwankungen einkaufen, als sie voraussichtlich bräuchten, weil sie darauf spekulieren, dass der Lastausgleich dann durch andere Akteuere für viel Geld übernommen wird. So kann es schnell zu Extremsituationen kommen, bei denen die Strompreise regelrecht explodieren – so wie im Juni 2019, als statt 10-50 €/MWh plötzlich 40.000 €/MWh zu zahlen waren. Einige verdienten dabei schnell viel Geld.

Erfolgt der Nachkauf notwendiger Ersatzkapazitäten dann zu kurzfristig, kann die Zockerei der Nutznießer dieses sehr fragwürdigen Systems schnell in einem großflächigen, länger anhaltenden Blackout enden, weil niemand mehr freie Kapazitäten hat.

Es ist an der Zeit, dass die Erzeuger erneuerbarer Energie endlich auch die Systemverantwortung übernehmen, sich dazu zu großen Einheiten zusammenschliessen und Verbundkraftwerke bauen, welche aus sich heraus für Stabilität sorgen. So wäre es kein Problem von den Erzeugern erneuerbarer Energie zu fordern, dass sie jederzeit 5-10% ihrer Erzeugungsleistung als gesicherte Leistung vorhalten müssen. Eine solche Forderung würde einen Wettbewerb um die besten Ideen anstoßen, wie man das am besten macht – denn letztlich müssen alle damit Geld verdienen.

Die Systemstabilität aber allein dem Markt zu überlassen und darauf zu hoffen, dass im Ernstfall schon jemand bereitstehen wird, der dann für Extrempreise noch Strom liefert, das wäre dasselbe, wie darauf zu hoffen, dass nach einem Zusammenbruch des Bankensystems irgendwer noch Geld auszahlt – nein, es ist dann einfach alle und die Katastrophe nimmt ihren Lauf.

So wie die Politik auch die Banken und nicht die Geldautomaten in die Verantwortung nimmt, müssen auch die Stromerzeuger und nicht die Verteiler des Stromes in der Verantwortung für stabile Systeme stehen. Auch wenn das erst einmal Geld kostet – aber Sicherheit ist nicht für umsonst zu haben. Auf sie zu verzichten ist allemal teurer.

 

 

Windspeicher Nechlin in Betrieb

Der erste Großspeicher für Windenergie ist in Betrieb. In 1.000 Kubimeter Fassungsvermögen wird hier Windstrom in Form von Warmwasser für das örtliche Nahwärmenetz gespeichert. Kostengünstiger kann man nicht heizen.

18B4EF58-80B8-4945-8CF4-381673058041 Die gespeicherte Energie reicht je nach Wärmebedarf 1-3 Wochen, so dass das Befüllen des Speichers ausschliesslich dann erfolgt, wenn überreichlich Wind ist. Nutzen statt Abregeln ist das Stichwort. So kann der ganze Ort 100% mit Windkraft geheizt werden. Hier die Details und ein es folgt ein Zeitraffer vom Bau:

.Interessant ist der Aufbau: der Behälter wird Schicht für Schicht von unten bis auf 4 Meter Höhe gewickelt. Zuerst werden die Stahlbänder von der Rolle durch die Falzmaschine gezogen:

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Dann wird Schicht für Schicht miteinander verbunden:

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Reihe für Reihe wächst der Speicher empor:

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Und so sieht es von aussen aus:

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