Netzentgelte

Die Kosten für den Transport des Stromes über die elektrischen Netze werden Netzentgelte genannt. Solange Großkraftwerke kontinuierlich Strom lieferten war es der einfachste Weg, daß große Stromkunden pro maximaler bezogener Leistung ein Netzentgelt zahlten und kleine Stromkunden eine im Arbeitspreis enthaltene Pauschale.

Bei hohem Anteil erneuerbarer Erzeugung ist das nicht mehr sinnvoll, denn Strom soll möglichst erzeugernah dann genutzt werden, wenn er erzeugt wird und in Engpasszeiten soll der Bedarf möglichst klein sein. Netzentgelte sollen möglichst transpararent und klar sein und ohne Ausnahmeregelungen auskommen. Dazu dürfen sie nicht im Arbeitspreis enthalten sein. Netzentgelte sollen eine hohe Auslastung der Netze anreizen, um deren Kosten pro übertragener Energiemenge zu minimieren.

Um hierfür die erforderlichen Anreize zu setzen, ist es sinnvoll, die Netzentgelte in jeder Viertelstunde pro Energiemenge und Transportentfernung zu ermitteln und das Ergebnis für die Abrechnung des Folgejahres zu verwenden. 

Der Stromkunde zahlt für die entfernungsabhängig in Anspruch genommene über das Netz übertragene Energie ein Netzentgelt (in € / (MWh * km)). Aus diesen Mitteln werden die Netzkosten bezahlt. Das Produkt aus der gesamten im Jahr über ein Netz übertragenen Energiemenge und der Summe aller Netzlängen soll Netztransportmenge (MWh * km) heißen. Sie wird für jede Netzart einzeln (Übertragungsnetze und Verteilnetze im Strom- und Gasbereich) ermittelt. Das Netztransportentgelt ermittelt sich aus den regulierten Gesamt-Netzkosten geteilt durch die Netztransportmenge.

Zur einfachen Abrechnung dieses entfernungsabhängigen Entgeltes wird für jeden Netzverknüpfungspunkt einmal im Jahr in der Rückschau per 15-Minuten-Lastflussanalyse die durchschnittliche Transportentfernung der an diesem Netzverknüpfungspunkt entnommenen Energie berechnet. Wird an einem Verknüpfungspunkt in jeder Viertelstunde des Jahres Energie eingespeist, und niemals Energie entnommen, so ist der resultierende Wert der Transportentfernung für diesen Verknüpfungspunkt 0 km.

Für jeden Stromkunden ergibt sich das zu zahlende Netzentgelt für eine Abrechnungsperiode aus der Menge der in der Abrechnungsperiode aus dem entsprechenden Netz entnommenen Energie (in MWh) mal der für den Netzverknüpfungspunkt geltenden durchschnittlichen Transportentfernung (in km) mal dem Netztransportentgelt (in € / (MWh * km)).

Hierdurch entstehen geografisch differenzierte Transportnetzkosten, je nach Verknüpfungspunkt, welche verursachungsgerecht sind, da sie den tatsächlichen Durchleitungsaufwand abbilden. Investitionsentscheidungen für neue Verbraucher (wie Elektrolyse) würden diese verursachungsgerechten Netzkosten berücksichtigen und dazu führen, dass Elektrolyse tendenziell nahe der Erzeugung gebaut werden würde, da der Transport der Energie über das Gasnetz viel günstiger ist also über das Stromnetz.. 

Erzeugungsanlagen sollen dabei nicht direkt an den Netzkosten beteiligt werden. Für sie müssen vielmehr Anreize gesetzt werden, um durch Sektorkopplung möglichst hohe Vollbenutzungsstunden bei der Einspeisung zu erreichen und bedarfsgerecht einzuspeisen. Eine Netzkostenbeteiligung würde dazu aber nicht führen, sondern eher zu mehr volkswirtschaftlichen Ausgaben für Netze anstatt für erzeugernahe Sektorkopplung. Über das hier vorgeschlagene Konzept der transportentfernungsabhängigen Netzentgelte kommt es ohnehin dazu, dass Energieerzeuger einen höheren Preis verlangen können, je näher sie am Verbraucher sind, weil der Verbrauch die Entfernung zum Erzeuger über das Leistungsentgelt zahlt und demzufolge bereit ist, für eine näher gelegene Stromquelle mehr Geld zu zahlen.

Wenig sinnvoll erscheint es, Netzentgelte von der zufällig aktuellen Auslastung der Netze abhängig zu machen. Ein solches Vorgehen verhindert die wichtige Planbarkeit der Netzentgelte – denn ein Netz muss nun einmal bestellt, gebaut und betrieben werden. Egal wie hoch gerade die Auslastung ist, sind die Netzkosten pro Zeiteinheit immer dieselben, denn die dafür erforderlichen Ausgaben liegen in der Vergangenheit. Wer also Netz braucht, sollte es mindestens für ein Jahr fest bestellen und auch bezahlen. Viel wichtiger ist, dass die Netzentgelte zu einer hohen Auslastung der Netze führen, d.h. wer Netz “bestellt“ sollte auch einen Anreiz haben es möglichst ausgewogen zu nutzen.

Es ist zwar sinnvoll, wenn Netzbetreiber auf Tages- oder Stundenbasis freie Netzkapazitäten versteigern können, um so durch Zusatzeinnahmen die Kosten für alle zu senken. Aber man sollte sich nicht allzuviel davon erhoffen: in einer Welt erneuerbarer Energien erreicht die Stromerzeugungsseite um die 30% Auslastung*. Würde man den gesamten erzeugten Strom in die öffentlichen Netze einspeisen und direkt nutzen, so wäre die Netzauslastung auch nur 30%. Eine gute Netzauslastung von 70% ist nur erreichbar, wenn der Teil des Stromes oberhalb der aus Netzsicht erforderlichen Erzeugungsleistung direkt beim Stromerzeuger in Wärme oder Gas gespeichert und andersweitig genutzt wird. Dieser Strom braucht kein Stromnetz.

Ist allerdings auf diese Weise eine Netzauslastung von etwa 70% sichergestellt, so ist eine weitere Erhöhung kaum noch möglich, denn immer dann, wenn das Netz gerade nicht ausgelastet ist, gibt es entweder zuwenig Erzeugung oder zuwenig Nachfrage.

*Verhältnis von Jahreenergieerzeugung zu maximaler Leistung