Groko, was nun?

Was sind jetzt die vordringlichsten Aufgaben der deutschen Politik im Bereich Energiewende und Klimaschutz? Und wie sollten die gesetzlichen Instrumente dafür aussehen?

Es gibt kein weiter-so in der Energiewende. Einfach nur erneuerbare Leistung zubauen ohne sich um die gesamte Energiefrage (Wärme, Verkehr, Industrie, Speicher, Netzstabilität) zu kümmern führt in die Katastrophe. Das Reden über ungenannte Flexibilitäten, nicht existierende Speicher und unbezahlbare Netzkapazitäten hilft uns nicht weiter.

Was ist jetzt wichtig?

1. Die Herstellung speicherbarer Energieträger für Mobilität, Wärme und Industrie aus erneuerbarem Strom hat oberste Priorität. Nur so kann die Stagnation der Energiewende in diesen Sektoren beendet werden. Dafür müssen alle ungerechtfertigten Belastungen der Umwandlung von erneuerbarem Strom in Wärme oder Energieträger abgeschafft werden – insbesondere die EEG-Umlage und die Stromsteuer.

2. Die Herstellung von speicherbaren Energieträgern wie Wasserstoff ist die größte denkbare Flexibilität und der größte machbare Speicher im Energiesystem. Alle Hemmnisse dafür (2%-Grenze für H2 im Gasnetz, fehlende H2-Tankstellen, zuwenig Forschungsmittel für Brennstoffzellen) müssen zügig abgebaut werden. Die Brennstoffzelle mit ihrem Wirkungsgrad von über 60% ist der Schlußstein der Energiewende.

3. Es müssen gleiche Randbedingungen (level-playing-field) für alle Energie unter CO2-Aspekten geschaffen werden. Am besten geht dies, wenn alle Steuern, Umlagen und Abgaben auf Energie, welche aktuell ca. 100 € pro Tonne CO2 betragen, abgeschafft und durch eine mindestens ebenso hohe CO2-Steuer ersetzt werden.

Wasserstofftank vorn

Vergleicht man die Fahrzeugkosten pro Energieinhalt des Tankes, so wird schnell klar, daß Wasserstofffahrzeuge obwohl sie noch am Anfang ihrer Entwicklung stehen, viel günstiger sind:

Fahrzeugtyp – Kaufpreis – Energieinhalt Akku bzw. Tank – Preis pro Tankinhalt

Elektrofahrzeuge
VW E-Golf – 35.600 € – 35,8 kWh – 1.000 €/kWh
Tesla Model S – 71.400 € – 75 kWh – 952 €/kWh

Wasserstofffahrzeuge
Toyota Mirai – 78.600 – 165 kWh – 476 €/kWh
Hundai ix35 FC – 65.450€ – 165 kWh – 369 €/kWh

Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß Wasserstofffahrzeuge ca. das 1,5-fache an Energie pro Kilometer benötigen ergeben sich 729 bzw. 565 €/kWh.

30 € pro Tonne CO2

Ein Mindestpreis im europäischen Emissionshandel von 30 € pro Tonne CO2, wie von Emmanuel Macron vorgeschlagen, würde nur Strom teuerer machen – und zwar um 15 €/MWh gleich 1,5 ct/kWh wie man anhand der CO2-Emissionen des deutschen Strommixes leicht selbst nachrechnen kann:

30\dfrac {Euro}{tCO_{2}}\times 0,53\dfrac {tCO_{2}}{kWh}=1,59\dfrac {ct}{kWh}

 

Um die Sektorkopplung zu befördern und erneuerbaren Strom effektiv zu nutzen und maximal CO2 einzusparen ist es aber erforderlich, daß erneuerbarer Strom sich gegen Öl und Erdgas durchsetzen kann. Dafür hilft der europäische Emissionshandel nichts. Dazu braucht es gleiche Belastungen für alle Energieträger pro Kohlendioxidausstoß.

 

200 € pro Tonne CO2

Auf fast 100 € pro Tonne CO2 summieren sich die heutigen Abgaben und Umlagen auf Energie.

Eine der gegenwärtig drängensten Fragen ist, wie erneuerbare Energien auch ausserhalb des Stromsektors eingesetzt werden können, also für Wärme und Mobilität (Sektorkopplung). Technische Hindernisse gibt es dafür nicht. Dafür aber mehr als reichlich regulatorische Hindernisse. Das größte davon ist die ungleiche Belastung der Energiearten – daher ist es derzeit wirtschaftlich unmöglich, günstigen Windstrom zum Heizen oder für die Treibstoffgewinnung zu nutzen, da Abgaben und Umlagen auf Strom ein vielfaches höher sind, als auf Erdölprodukte.

Viele Menschen fragen sich, wie hoch eine CO2-Belastung oder Steuer sein müßte, mit dem Ziel, die Lasten auf alle CO2-Emissionen gleich zu verteilen. Überraschenderweise läßt sich dies recht einfach abschätzen:

Die Summe aller Abgaben und Umlagen (ohne Mehrwertsteuer) auf Energie liegt in Deutschland bei etwa 77 Mrd. €. Das sind fast 1000 € pro Einwohner.

Die jährlichen CO2-Emissionen Deutschlands liegen bei 0,8 Mrd. Tonnen.

Teilt man beide Werte durcheinander, so erhält man ca. 100 € pro Tonne CO2 an Steuern, Abgaben und Umlagen, welche heute bereits in den Energiepreisen enthalten sind.

Würden alle Abgaben und Umlagen also gestrichen und statt dessen jede Tonne C02 mit ca. 200 € belastet, ergäben sich gleiche Randbedingungen für alle Energiearten. Gleichzeitig könnte die Einkommensteuer für alle Bürger um 1000 Euro jährlich gesenkt werden (bzw. wer keine Steuern zahlt bekäme den Betrag dann ausgezahlt).

Mit einer solchen gerechten CO2-Steuer wäre es möglich, erneuerbare Energie überall gleichermaßen günstig einzusetzen und der Weg für eine zügige wirtschaftliche Energiewende wäre frei.

200 € pro Tonne CO2 sind also durchaus eine vernünftige Größenordnung.