Was kann Politik noch tun?

Die drei Jahrzehnte Windenergiegeschichte werden immer wieder von gut gemeinten Äusserungen zum Naturschutz begleitet, die dann etwa so aussehen:

„Die Mehrheit der Anwohner stellt sich eindeutig gegen die Bebauung mit Windkraftanlagen in diesem sensiblen Bereich. Eine wöchentlich stattfindende Mahnwache, viele Stellungnahmen gegen das Projekt und diverse Petitionen bekräftigen dies.
Die Fläche ist ein international anerkanntes Important-Bird-Area-Gebiet und wird als wichtig für den Arten- und Biotopschutz speziell für Vögel eingestuft. Dies umfasst die Schutzgebiete und zusätzlich die aus vogelschutzrechtlicher Sicht enorm bedeutenden Verbindungsflächen (als Rast-, Nahrungs- und Brutflächen sowie in ihrer Funktion als Flugkorridor zwischen den Schlaf- und Nahrungsplätzen). Es ist Vogelparadie, wo man den Schrei- und Seeadler noch live sehen kann! Milane brüten in der Wiese oder nutzen sie als Nahrungshabitat. Bis zu 40 000 Kraniche, 150 000 Enten und Gänse nutzen die Wiese. Sing- und Höckerschwäne sind anzutreffen. Die Aufzählung könnte man beliebig fortsetzen. 98 Arten stehen davon auf der Roten Liste. Auch die Wiedervernässung von Mooren ist in Bezug auf CO2-Vermeidungskosten und Flächeneffizienz eine der kostengünstigen Klimaschutzmaßnahmen. Der Rückbau der Entwässerung wäre dezentral und weniger invasiv als der Bau von Windenergieanlagen!!! Auch die 5 Info-Veranstaltungen und zwei Gegendemonstrationen haben kein Vertrauen geschaffen. Sie haben eher dazu geführt, den Wind noch kräftiger blasen zu lassen. Es wird keine Widerspruch der hier lebenden Bürger zugelassen, obwohl wir hunderte von sachlich fundierten Argumenten vorgebracht haben. Da hilft auch keine in Aussicht gestellte, finanzielle Unterstützung. In diesem Fall hat es einen sehr unangenehmen Beigeschmack.“

Diese Beiträge wiederholen sich auf Versammlungen, Briefen, Eingaben und in den Medien. Garniert wird oft noch mit Infraschall, Schlagschatten und aller Art Tieren bis hin zur Haselmaus. Politiker wissen in ihrer Not sich oft nicht anders zu helfen, als darauf einzugehen.

Leider ist daran alles falsch: Windenergie schadet der Vogelwelt nicht, im Gegenteil. Ohne Windenergie wird der Klimawandel der Vogelwelt ihren Lebensraum wie wir ihn kennen vollständig nehmen. Gerade dort, wo viele Windenergieanlagen stehen, haben sich in den letzten 20 Jahren Milan und Adler prächtig entwickelt. Und ob eine Wiedervernässung stattfindet, hängt in keiner Weise von der Windkraft ab – das sind Entscheidungen zwischen Landeigentümern, Behörden und Naturschutz. Die Fundamente und Wege für Windkraft können so auslegt werden, dass auch eine nachträgliche Wiedervernässung durchführbar ist. Mehr noch: die ersten Jahre nach Wiedervernässung gast das Moor viel Methan&CO2 aus, dass durch die Windmühlen kompensiert wird. Selbst die Bautätigkeit für Windenergie hinterlässt sowenig Spuren, dann schon bald nach Inbetriebnahme nichts mehr davon zu sehen ist.

Ja, und sooft und soviel man vor Ort informiert – nur wer hören will, der hört auch zu. Die Behauptung, es würde kein Widerspruch zugelassen, ist für denjenigen richtig, der meint, er hätte sachlich fundierte Argumente vorgebracht. Nur ist dem eben gerade nicht so. Hier ist der Wunsch der Vater des Gedanken.

Die Argumente gehen weitgehend auf zwei Dinge zurück – einerseits die wissenschaftsfeindliche Vernunftkraft, hinter welcher die alte fossile Energiewelt steckt, und andererseits die aktive jahrzehntelange Propaganda der alten Energiewirtschaft, Windkraft sei teuer und schlecht. Diese beiden Dinge in Verbindung sind Gift für eine nachhaltige Energieversorgung und sicheren Umweltschutz, denn sie spielen mit den Gefühlen der Menschen zu deren eigenem Schaden. 

Eine mutige Politik muss die Menschen hier aufklären. Nur deutliche Worte, wer hinter den Lügen steckt und wie wichtig für uns alle erneuerbare Energien an jedem Ort sind, können helfen. Und wenn man genau hinsieht, wäre das garnicht schwer, denn die Argumente haben sich jahrzehntelange kaum verändert – und die argumentierten Folgen sind nicht eingetreten: die Natur lebt sehr gut mit Windenergie und die Stromerzeugungskosten sind dank Windkraft gesunken

Denn es braucht viele engagierte Bürger für Windenergie. Auch damit Intelligenz und Wissen nicht mehr als Schwachsinn diffamiert werden. 

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Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist 20 Jahre. Gratulation!

Seit dem 25.2.2020 ist das EEG nun 20 Jahre alt und hat unsere Energiewirtschaft von Grund auf verändert. Tausende neue Firmen sind entstanden, welche Anlagen zur erneuerbarer Stromgewinnung bauen, planen, betreiben und instandhalten – und Millionen Menschen haben sich an Stromerzeugungsanlagen beteiligt. Die alte Energiewirtschaft, die anfangs noch glaubte, mehr als 4% „Ökostrom“ sei sowieso nicht drin, hat grösstenteils tatenlos zusehen müssen und ist seitdem auf dem Rückzug, ihre verbliebenen Stellungen heftig verteidigend – siehe Kohleausstieg, wo für die wenigen verbliebenen Arbeitsplätze 200.000 Euro pro Job herausgehandelt wurden.

Während dessen sind Wind- und Solarstrom ungeahnt preiswert geworden und erreichen inzwischen einen Preis von 5 ct/kWh. Immer mehr Menschen versorgen sich daher selbst mit erneuerbarem Strom.

Leider hält das viele nicht davon ab, von immer noch teuerer Energiewende zu reden, so wie die FAZ vom 31.3.2020 einige Ökonomen zitiert. Tatsächlich ist das, was dort wiedergegeben wird blamabel – diese Ökonomen scheinen ihr Wissen nur aus der Zeitung zu haben. Die EEG-Umlage hat nämlich rein garnichts mit „Mehrkosten“ zu tun, wie hier unter 4. nachzulesen. Die Behauptung, es hätte kostengünstigere Alternativen als das EEG gegeben ist Unfug und wurde auch nie bewiesen. Sicher ist die teuere Bioenergie im EEG überflüssig und auch Offshore ist wegen der Kosten höchst fragwürdig – aber das sind politische Entscheidungen, die man dem EEG an sich nicht anlasten kann. Ohne diese Technologien wäre unser Strom sicher billiger, allerdings gibt es noch grössere Strompreistreiber.

Auf der immer wieder gern zitierte Reinhard Hüttl wird nicht müde die Kosten zu erwähnen, statt der Vorteile und sagt „Trotz der erheblichen installierten Leistung an Erneuerbaren wären wir in Deutschland bis auf weiteres nicht in der Lage, für Minuten und Stunden, geschweige denn Tage die konventionellen Kraftwerke vollständig abzuschalten“. Das Satz suggeriert: ohne Kohle geht es nicht. Aber er ist genauso dumm wie der Satz „Ohne Pferde wird die Volkswirtschaft zusammenbrechen“ im Jahr 1850 war. Mit dem Blick zurück kann man nicht nach vorne sehen. Wie ein vollständig erneuerbares System funktioniert ist hier oder auch hier skizziert.

Auch Professor Hüttl ist dem Irrglauben verfallen, unser Land müsste dauerhaft 70% seines Energiebedarfes importieren. Nein, mit Sicherheit nicht. Wenn wir nämlich eine 100%-erneuerbare Stromversorgung aufbauen, und genau das tun wir, dann entsteht automatisch ein riesiges Überangebot an erneuerbaren Strom, welcher in Wasserstoff- und Wärmespeicher eingespeichert werden wird und dann für Verkehr, Industrie und Heizen zur Verfügung steht. Wer also massiv Wasserstoff importieren will, der will gleichzeitig bis zur Hälfte der erneuerbaren Stromproduktion abregeln – oder hat diesen Zusammenhang schlicht nicht verstanden.

Das EEG ist übrigens auch viel besser als der lahmende Emissionshandel – denn es ist ein klares Gesetz mit klaren Zielen, welches den neuen Akteuren Handlungsspielraum gibt. Der Emissionshandel leidet von Anfang an darunter, dass die Lobbyisten der alten Energiewirtschaft unter der Flagge der Ökonomie den CO2-Preis nahe Null hielten. Ohne EEG hätte der Ausbau der erneuerbaren Stromgewinnung niemals die erforderliche Kraft und Geschwindigkeit erreicht.

Und warum sehen wir dann heute einen Rückgang beim Zubau, wo doch alle wissen, dass eine Beschleunigung not tut? Es liegt weder an Bürgerprotesten noch am Netzausbau. Nein, die 2016 ins EEG eingeführten Ausschreibungen haben dazu geführt, dass sich nur noch wenige finanzstarke Unternehmen zutrauten weiterhin Millionenbeträge in neue Planungen zu investieren. Viele haben sich vom Markt zurückgezogen, weil sie keine Sicherheit mehr spüren, dass jahrelange Arbeit und hohe Geldausgaben sich jemals lohnen. In wessen Interesse war wohl diese Änderung im EEG?

Alles in allem: Große Gratulation! Und der alte, wenngleich nicht besonders kluge Satz „Viel Feind – viel Ehr!“ möge ausnahmsweise hier mal gelten.