Black out per Gesetz

Der Black out, zu deutsch Totaler Spannungsausfall (TSA), ist das Schlimmste, was in einem elektrischen Netz passieren kann. Die Wiederaufbau der Versorgung kann Stunden bis Tage dauern, so dass ein TSA hohen Schaden anrichtet und vielen Menschen und Nutztieren das Leben kostet – denn unsere Gesellschaft ist regelrecht abhängig von einer ständigen Stromversorgung, wie es Marc Elsberg perfekt beschrieb.

Von Anbeginn des Elektrizitätszeitalters fühlten sich die Stromerzeuger auch dafür verantwortlich, dass das gesamte elektrische System jederzeit stabil ist. Sie hielten daher selbstverständlich für Notfälle Reserven bereit und nahmen damit teil an der Absicherung des elektrischen Systems. Die Lastverteiler selbst, also die Steuerzentralen der Übertragungsnetze hatten eine koordinierende Aufgabe, sie konnten die Reserven der Erzeuger abrufen oder im allerletzten Fall Abschaltungen von Verbrauchern durchführen.

Das alles hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert.

Es gibt auch heute eine Verantwortlichkeit für die Systemverantwortung – aber diese liegt inzwischen ausschließlich bei den Übertragungsnetzbetreibern, welche für die Höchstspannungsnetze (Überlandleitungen) zuständig sind. Sie sind dabei nur dafür zuständig, dass Erzeugung und Verbrauch immer im Gleichgewicht liegen. Um dies sicherzustellen, können sie aber nicht mehr auf direkte langfristige strategische Abstimmungen mit den Erzeugern stützen. Nein, sie können ihre Aufgabe nur über einen funktionierenden Markt sicherstellen.

Es gibt also es keine personalisierte Verantwortung für Versorgungssicherheit bei den Stromerzeugern mehr, sondern die Versorgungssicherheit stützt sich allein auf das Funktionieren des Marktes. Damit aber fallen Versorgungssicherheit und Systemstabilität letztlich auf den Gesetzgeber, die Ministerien und die Regulatoren (Bundesnetzagentur) zurück, welche die Marktregeln aufstellen.

Man könnte auch sagen, man hat den Bock zum Gärtner gemacht – denn wie soll denn die Politik wirklich Verantwortung für die Stabilität eines hochgradig vernetzten Systems mit dank Energiewende immer mehr Marktteilnehmern übernehmen?

Das aber bedeutet, dass fehlerhafte wirtschaftliche Anreize, welche der Gesetzgeber, Ministerien oder Regulatoren schaffen, sich entscheidend auf die Netzstabilität auswirken. So können zum Beispiel aus Unkenntnis Regeln aufgestellt werden, bei denen Stromhändler weniger Regelenergie zum Ausgleich von Lastschwankungen einkaufen, als sie voraussichtlich bräuchten, weil sie darauf spekulieren, dass der Lastausgleich dann durch andere Akteuere für viel Geld übernommen wird. So kann es schnell zu Extremsituationen kommen, bei denen die Strompreise regelrecht explodieren – so wie im Juni 2019, als statt 10-50 €/MWh plötzlich 40.000 €/MWh zu zahlen waren. Einige verdienten dabei schnell viel Geld.

Erfolgt der Nachkauf notwendiger Ersatzkapazitäten dann zu kurzfristig, kann die Zockerei der Nutznießer dieses sehr fragwürdigen Systems schnell in einem großflächigen, länger anhaltenden Blackout enden, weil niemand mehr freie Kapazitäten hat.

Es ist an der Zeit, dass die Erzeuger erneuerbarer Energie endlich auch die Systemverantwortung übernehmen, sich dazu zu großen Einheiten zusammenschliessen und Verbundkraftwerke bauen, welche aus sich heraus für Stabilität sorgen. So wäre es kein Problem von den Erzeugern erneuerbarer Energie zu fordern, dass sie jederzeit 5-10% ihrer Erzeugungsleistung als gesicherte Leistung vorhalten müssen. Eine solche Forderung würde einen Wettbewerb um die besten Ideen anstoßen, wie man das am besten macht – denn letztlich müssen alle damit Geld verdienen.

Die Systemstabilität aber allein dem Markt zu überlassen und darauf zu hoffen, dass im Ernstfall schon jemand bereitstehen wird, der dann für Extrempreise noch Strom liefert, das wäre dasselbe, wie darauf zu hoffen, dass nach einem Zusammenbruch des Bankensystems irgendwer noch Geld auszahlt – nein, es ist dann einfach alle und die Katastrophe nimmt ihren Lauf.

So wie die Politik auch die Banken und nicht die Geldautomaten in die Verantwortung nimmt, müssen auch die Stromerzeuger und nicht die Verteiler des Stromes in der Verantwortung für stabile Systeme stehen. Auch wenn das erst einmal Geld kostet – aber Sicherheit ist nicht für umsonst zu haben. Auf sie zu verzichten ist allemal teurer.

 

 

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